Volontäre bleiben in Israel trotz Corona-Krise

eingetragen in: Meldungen
Heimbewohner und das Team der Pflegestationen im Beth Elieser

Anfang April kamen Vertreter zweier großer israelischer Zeitungen auf Micha Bayer zu, unseren Heimleiter im Beth Elieser. Sie baten um Interviews. Für sie war es erstaunlich, dass deutsche Volontäre trotz der Corona-Krise nicht nach Deutschland zurückkehrten, sondern freiwillig im Dienst an Überlebenden des Holocaust blieben, und das sogar in einer selbst auferlegten Quarantäne, um die Heimbewohner zu schützen. 

Die Jerusalem Post veröffentlichte am 16. April 2020 den Artikel auf ihrer Website.  Da er in Englisch geschrieben wurde, haben wir hier einiges davon für Sie übersetzt:

Als Hannah Ramanathan aus London sich für ein Volontärsjahr im Beth Elieser, einem Pflegeheim in Maalot in den galiläischen Bergen, entschied, hatte sie keine Ahnung, worauf sie sich da einließ. Obwohl sie immer wieder bei ihrer Großmutter in Deutschland war, hatte Ramanathan mit ihren 18 Jahren nie wirklich engen Kontakt zu älteren Menschen. Sie erinnert sich daran, wie sie das erste Mal auf die Pflegestation kam und dachte: „Alle sehen so alt aus!“

Seit ihrer Ankunft im letzten September wurde ihr die Dringlichkeit ihrer Aufgabe mehr und mehr bewusst. Dieses einzigartige Pflegeheim dient ausschließlich der Betreuung von Holocustüberlebenden, die hier Trost finden sollen.

„Sie verdienen die beste Pflege und alle Liebe der Welt nach allem, was sie durchgemacht haben“, sagte Ramanathan. „Es macht mir so Freude, mich um sie zu kümmern.“

Ramanathans Mutter ist Deutsche, ihr Vater von Sri Lanka, doch sie wuchs in London auf. Ihre Familie „war immer pro-Israel“ und so entschied sie sich, hierher zu kommen, bevor sie im Herbst ihr Studium in Deutschland beginnen möchte.

Sie lernte, wie man die Heimbewohner wäscht, ankleidet und sich um sie kümmert. Ihrer Meinung nach ist die größte Barriere für die Heimbewohner, dass die Volontäre mit ihnen Deutsch sprechen. Einige sagen: „Sie sprechen die Sprache, die Hitler gesprochen hat“. Ramanathan sagt, sie hätte gleich ziemlich viel Jiddisch gelernt, eine Sprache, die vom Mittelhochdeutschen kommt und die von den meisten Heimbewohner in ihrer Kindheit gesprochen wurde.

Für Ramanathan ist es das erste Mal, dass sie so weit von zu Hause weg ist, und immer wieder kämpft sie gegen das Heimweh an. „Ich kann nicht jeden Tag sagen, dass ich die Arbeit, sie ist sehr schwer. Aber dann sagt jemand etwas Nettes und das ist dann die ganze Mühe wert.“

Micha Bayer, 45, ist der Leiter des Pflegeheims im Maalot. Bayer wuchs in Shavei Zion auf, in einem Gästehaus für Holocaustüberlebende. Als kleiner Junge liebte er es, mit den anderen Jungs Fußball zu spielen und mit seinen Freunden im Meer zu schwimmen. Aber er hasste es, wenn der Holocaustgedenktag nahte und die Schüler ihn als Deutschen beschimpften. Bayer sagt, er könne verstehen, warum die Leute so reagierten.

Holocaustüberlebende und ihre Kinder und Enkel erfahren oft Heilung durch den Aufenthalt der Eltern im Beth Elieser. Bayer erzählt von einer Holocaustüberlebenden, die zu ihrer Tochter ein sehr schwieriges Verhältnis hatte – erst recht, als die Tochter sie ins Beth Elieser brachte. Die Holocaustüberlebende begann zu weinen, als sie begriff, dass die Leute, die sich jetzt um sie kümmern würden, Deutsche waren. Aber nach einiger Zeit begann sie, sich den Mitarbeitern gegenüber zu öffnen, und auch die Beziehung zu ihrer Tochter veränderte sich. Der Nachname der Heimbewohnerin lautete „Mondschein“, aber – so erzählt Bayer – sie wurde „so optimistisch und strahlend, dass wir sie bis zu ihrem Tod vor zwei Jahren „Sonnenschein“ nannten.

„Unser Ziel ist es, die Zukunft zu verändern, denn die Vergangenheit können wir nicht ändern“, sagt Bayer.

Den vollständigen englischen Bericht können Sie hier lesen:
https://www.jpost.com/Israel-News/Bet-Eliezer-The-nursing-home-solely-for-Holocaust-survivors-624799