»Papa, versprich mir, dass Du nicht stirbst.«

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Zur Situation am Tag 118, von Judith Rentschler

„Papa – sag dem Militär, dass du nicht kommen kannst. Versprich mir, dass du nicht stirbst.“

„Wir kämpfen nicht weit weg im Irak oder Afghanistan, sondern direkt vor unserer Haustür. Das Beste, das ich im Moment für meine Kinder tun kann, ist, in den Kampf zu ziehen. Sonst haben sie morgen kein Zuhause mehr.“

Zwei Aussagen, die die Situation der meisten israelischen Familien treffend zum Ausdruck bringen. Seit dem 7.10.2023 wurden in Israel über 360.000 Reservesoldaten und -soldatinnen zum Dienst eingezogen. Viele von ihnen meldeten sich freiwillig nach den Geschehnissen des „Schwarzen Shabats“, brachen Urlaubsreisen ab, schlossen ihre Betriebe, verließen die Hörsäle, ließen Frauen oder Männer und Kinder zuhause zurück. „Miluimnikim“ werden sie hier genannt, wörtlich: solche, die die Reihen der Wehrpflichtigen auffüllen und vervollständigen.

Je nach Kriegsverlauf, Einheit und Position werden sie nach Tagen, Wochen oder Monaten für wenige Stunden oder Tage zum „Ausruhen“ in ihren Alltag zurückgeschickt. Nicht nur logistisch, sondern vielmehr emotional eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Über verschiedenste Kanäle und Foren wird auf die Situation der Miluimnikim, ihrer Partner, Kinder und Arbeitsplätze aufmerksam gemacht und Hilfe unterschiedlichster Art angeboten: von Kredittilgung bis zu psychologischer Betreuung.

Hier zwei empfehlenswerte Links zum Verständnis der aktuellen Situation (der englische Untertitel erscheint mittels automatischer Übersetzungsfunktion auch auf Deutsch): Das neu erschienene Kinderbuch „Familie in Reserve“ (von Talya Tomer und Daniella Koffler) soll helfen, Kinder im Vorschulalter sprachfähig zu machen. Unter folgendem Link ist es als Video veröffentlicht: YouTube: Family in Reserves 2023.

Zwei gläubige Ehepaare aus der messianischen Bewegung begegnen den Fragen und Herausforderungen mit einer wöchentlichen Gesprächsrunde (auch hier kann man sich unter „Einstellungen“ automatisch erzeugte deutsche Untertitel anzeigen lassen): Beitrag aus Sicht einer Mutter, die mit 5 Kindern den Alltag meistertBeitrag aus Sicht des Soldaten, der aus dem Kampf zurück kommt.

Auch wir in Shavei Zion erleben diesen Teil des Kriegsalltags. Da gibt es die uniformierten Väter, die morgens ihre Kinder in den Kindergarten bringen, da sind die Rollenspiele der Kinder, da berichten die Senioren von den Sorgen um ihre Kinder und deren Familien und bitten um Gebet, „dass alles gut ausgeht“. Mehrere Wochen waren zwei dieser Reservistenfamilien auch Teil unserer Lebensgemeinschaft. Die Mütter teilen hier ihre Gedanken mit uns:


Elijah Bayer, Frau von Jonatan, mit 3 Kindern:

Mein Mann wurde am 10.10.2023 zum Reservedienst eingezogen. Als er das Haus verließ, weinte ich, weil ich nicht wusste, wann er wiederkommen würde. Wir haben das Vorrecht, dass seine Einheit die familiäre Situation der Soldaten berücksichtigt, und sie so oft es geht, nach Hause kommen können. Schon zu Beginn des Krieges durfte Jonatan einmal die Woche nach Hause – meist für zwei Tage. Seit Mitte Dezember hat er ein neues Schichtsystem, so dass er fünf Tage zuhause und drei Tage in der Basis ist. Ich bin sehr dankbar, dass mein Mann trotz des Reservedienstes so oft daheim sein kann. Die meisten der anderen Ehefrauen aus meinem Bekanntenkreis sehen ihre Männer viel seltener.

Es ist sehr schwer, wenn ein Vater für einen längerern Zeitraum nicht zuhause ist, vor allem, wenn man nicht daran gewöhnt ist. Vor dem Krieg hatten die meisten Väter morgens das Haus verlassen und waren zum Feierabend wieder gekommen. Jetzt sind die Mütter alleine – auch mit den ganz alltäglichen Aufgaben: Versorgung der Kinder, Fahrdienste, Haushalt, Reparaturen, eigene Berufstätigkeit usw.; aber auch mit der Erziehung der Kinder – das ist für mich die größte Herausforderung. Auch die Kinder spüren das Fehlen des Vaters – von den kleinen bis zu den großen. Das zeigt sich in verschiedensten Verhaltensweisen, meist negativ …

Unsere Kinder sind noch klein (2 und 5 Jahre). Bei ihnen zeigt sich die instabile und ungewohnte Situation in vermehrter Unruhe und Streitereien, in Essensverweigerung und Angst, wenn ich sie auch nur für kurze Zeit mit der (früher so geliebten) Babysitterin alleine lasse. Auch wenn mein Mann jetzt wieder öfter zuhause ist und ganz praktisch unterstützt, ist doch die seelische Betreuung der Kinder, die Aufmerksamkeit, die sie von uns als Bezugspersonen brauchen, sehr groß.

Ich bin reich gesegnet durch die Unterstützung, die ich sowohl von meiner Familie als auch der Familie meines Mannes und meiner Gemeinde bekomme. Mir ist bewusst, dass dies nicht bei allen Müttern der Fall ist. Dennoch kann keine Hilfe den Vater ersetzen. Nur er kann den Kindern das geben, was ihnen wirklich fehlt. Ich bin mir sicher, dass ich zusammenfassend im Namen der meisten Ehefrauen und Mütter sagen kann: Wir sind stolz auf unsere Männer und möchten alles tun, um sie zu unterstützen in der Verteidigung des Landes, aber es ist schwer, unsere Kinder ohne euch zu erziehen und je länger sich der Krieg zieht, umso schwerer wird diese Last.

Victoria Bayer, Ehefrau von Jair, mit einem Kind (und schwanger):

Ich habe an unserer Tochter erlebt, dass es für sie sehr verwirrend war, den Papa kurz zu sehen, dann wieder längere Zeit nicht. Warum das viele Tschüss-Sagen? Diesbezüglich waren die sechs Wochen in Deutschland (wir sind erst einige Zeit nach Jair nach Israel gekommen) fast entspannter und im Umgang mit ihr weniger herausfordernd.

Dazu kommt natürlich die Sorge um den Mann. Irgendwo auch manchmal so die kurze Angst, wie es für die Kinder wäre, ohne Vater aufzuwachsen, wenn er gar nicht mehr heim käme. Ich glaube, als Mutter macht man sich da viel mehr Gedanken um die Kinder, als um einen selbst.

Was ich auch sehr herausfordernd fand, war (gerade in der Zeit, in der Jair im Gazastreifen war), dass man nichts absprechen konnte. Sei es, dass ich ein Geschenk für Jael besorgen wollte und mich zwischen zwei Sachen nicht entscheiden konnte. Das sind zwar Kleinigkeiten, aber da merkt man, wie vieles im Alltag so einfach nebenher gemeinsam gelaufen ist, was plötzlich nicht mehr geht.

Gebetsanliegen:

  • Trost und praktische Hilfe für die Witwen und Waisen der (allein 2024) 45 gefallenen Reservisten.
  • Bewahrung der Ehen im Spannungsfeld der getrennten Alltage und unterstützendes Verständnis für die Herausforderungen des Partners
  • Bewahrung der Kinder vor seelischen Nöten und psychischen Problemen
  • Bewahrung der Reservisten vor Retraumatisierung
  • Befreiung der Entführten, viele von ihnen ebenfalls Ehemänner und Väter