Arye Shalicar ist Sprecher der israelischen Armee, war schon in der »Tagesschau« zu hören und in verschiedenen anderen deutschen Sendungen. Da er auch Persisch und Türkisch spricht, richtet er seine Botschaften auch immer wieder an die muslimische Welt, wo die israelische Perspektive auf den Nahostkonflikt selten anzutreffen ist. Zur Zeit ist er in Deutschland, war für ein Interview bei »SWR1 Leute« und hielt am 15. April 2025 einen Vortrag im IP-Zentrum.
140 Zuhörer fanden im Vortragsraum unseres Zentrums Platz, zusätzlich konnten etwa 160 Menschen die hausinterne Übertragung in zwei weiteren Sälen verfolgen, per Livestream waren noch einmal etwa 300 Personen zugeschaltet. Das Thema hatte also Interesse geweckt: Was sagt ein Angehöriger der israelischen Armee zur aktuellen Situation im Nahen Osten, wo die Kämpfe im Gazastreifen anhalten, die Lage in Syrien weiter unübersichtlich ist und wo auch aus dem Jemen und dem Iran weiterhin Raketen oder zumindest Drohungen gen Israel gerichtet sind.
Im Gespräch mit Zedakah-Leiter Frank Clesle erzählte Shalicar aus seiner spannenden Biografie: 1977 geboren ist er in einer persischen Familie in Berlin aufgewachsen. Seine Eltern waren als Juden aus dem Iran geflohen, der jüdische Hintergrund spielte aber in Aryes Leben zunächst keine Rolle. Erst nach einem Umzug in den Bezirk Wedding sah er sich starkem Antisemitismus ausgesetzt. Ständig hatte er mit Bandenkriminalität und Gewalt zu tun. 2001 wanderte er nach Israel aus, ging zum Militär und gründete eine Familie.
Vor allem seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 sind seine Einschätzungen und Analysen gefragt. Bis zum 6. Oktober herrschte in Israel zwar kein Frieden, aber doch Ruhe, so erzählte er in seinem Vortrag. Die Israelis waren mit innenpolitischen Problemen beschäftigt, an die Bedrohungen durch feindlich gesinnte Staaten und palästinensische Terrorgruppen habe man sich gewöhnt. Auch von staatlicher und militärischer Seite sei eine gewisse Entspanntheit vermittelt worden. Viele Israelis seien »enttäuscht von uns selbst, dass man von diesem Massenmord an Juden so überrumpelt werden konnte.«
Die Hamas-Terroristen ermordeten über 1000 Israelis und entführten 250 Geiseln in den Gazastreifen. Es sei ein schrecklicher Tag gewesen, aber – so Arye Shalicar – »es hätte noch viel schlimmer kommen können«. Die Hisbollah aus dem Libanon hat damals nicht gleichzeitig angegriffen, auch der Iran nicht. Und in den Palästinensergebieten in Judäa und Samaria sowie unter der arabischen Bevölkerung Israels war es weitgehend ruhig geblieben. »Der 7. Oktober war ein Weckruf, wir Israelis dürfen das Schild niemals fallen lassen, die Normalsituation ist Konflikt, nicht Ruhe«, so der Armee-Sprecher.
Wie geht es nun weiter? – Arye Shalicar stellte sich auch zahlreichen Fragen aus dem Publikum. Israel könne den Krieg nicht beenden, indem es einfach zu kämpfen aufhört. Es sei nicht damit zu rechnen, »dass dann die Hamas plötzlich nett wird.« Das einzige mögliche Ende des Konflikts aus seiner Sicht: Die Hamas muss die restlichen Geiseln freilassen und sich ergeben.
Im Blick auf Deutschland äußerte er scharfe Kritik: »Man weigert sich, die Dinge beim Namen zu nennen!« – Die Hamas sei schuld am Leid, auch an dem der Palästinenser. »Die Hamas hat keine Kasernen, sie verstecken sich inmitten der Zivilbevölkerung, sogar in Krankenhäusern. Frauen und Kinder sind ihr Schutzschild.« Sie hätten sich auch viele Hilfslieferungen unter den Nagel gerissen und würden es der Bevölkerung vorenthalten, um das Leid zu vergrößern.
Von der deutschen Politik fordert er, antiisraelische Abstimmungen in der UNO nicht mehr zu unterstützen und auch dem Flüchtlingswerk UNRWA kein Geld mehr zu geben, weil dies direkt an die Hamas fließe. Und: in Deutschland müsse man nicht nur rechte Antisemiten verurteilen, sondern auch Judenhasser aus dem linken und muslimischen Spektrum.
Er sehe aber nicht nur das Schlechte, sondern auch viel Gutes: Besonders positiv sieht er, dass er auch in Deutschland viele »stabile Freunde« habe – und bedankte sich beim Publikum und besonders bei unseren Partnern von »Christen an der Seite Israels«.
Timo Roller
