25. August 2024: Wieder einmal haben sich unsere Sicherheitsvorkehrungen und die Vorbereitung auf den Ernstfall ausgezahlt. Die Heimbewohner sind grundsätzlich im sicheren Bereich, der Alltag läuft bereits seit fast einem Jahr routiniert unter Kriegsbedingungen. So werden wir zwar durch eskalierende Situationen erschreckt, aber nicht gelähmt …
Maalot, Beth Elieser, aus Sicht unserer Volontärin Renita Heinrichs:
4:40 Uhr: Ich werde wach. Draußen wummert und kracht es ungewöhnlich oft und es will nicht wirklich aufhören. Allerdings gibt es keinen Alarm, woraus ich schließen kann, dass es Angriffe des israelischen Militärs auf den Libanon sein müssen.
4:44 Uhr: Alarm im Nachbarort, der bei uns zu hören ist. Immer noch Explosionen und dazwischen der Ruf des Muezzins, der wie immer mit einem »Allahu Akbar« beginnt. Eine unheimliche Kombination.
4:58 Uhr: Wir bekommen die interne Nachricht, dass Israel einen Präventivschlag auf den Südlibanon geflogen ist, um einen geplanten Angriff der Hisbollah auf Tel Aviv zu verhindern. An Schlaf ist jetzt so oder so nicht mehr zu denken.
5:30 Uhr: Massiver Raketenbeschuss auf unsere Umgebung. Immer wieder geht der Iron Dome los und wehrt die Geschosse aus dem Libanon ab.
5:52 Uhr: Ich sitze auf dem Balkon mit meiner Bibel auf dem Schoß. Ruhig ist es aber nicht wirklich um uns herum.
5:55 Uhr: Alarm direkt in Maalot! Kaum sind meine Zimmernachbarin und ich im sicheren Bereich, da gibt es einen unglaublich lauten Knall ganz in der Nähe. Kurz danach noch einer etwas weiter weg.
5:59 Uhr: Wir werden benachrichtigt, dass unsere Morgenandacht von Station 1 in den Bunker verlegt wird, in den provisorischen »Speisesaal« der Heimbewohner.
6:09 Uhr: Wir bekommen die eindringliche Bitte, INNERHALB der Gebäude zur Andacht zu gehen.
6:20 Uhr: Meine Zimmernachbarin sagt: »Bis hoffentlich später.« Ich erwidere, dass wir als Christen uns immer damit verabschieden können. Vielleicht ein bisschen dramatisch in diesem Zusammenhang, aber im Grunde ist es ja so.
6:32 Uhr: Wir beginnen die Andacht mit dem Lied »Wenn morgens in den Tag ich geh«. Im Refrain heißt es:
Sein starker Arm, er führet mich.
Sein starker Arm lässt nie im Stich.
Sein starker Arm, er hält mich fest.
Ich bin so froh, dass er mich nie mehr loslässt.
Amen! Wie gut, dass wir in allem Ungewissen diese Sicherheit haben dürfen.
Ergänzend ein Bericht von Judith Rentschler aus Shavei Zion:
Parallel zu unseren Mitarbeitern in Maalot wurden auch wir aus dem Schlaf gerissen und fanden uns nach und nach im Schutzraum ein, bis wir etwas klarer sehen würden, was das alles zu bedeuten hat. Schnell stand fest: der geplante Arbeitseinsatz in Maalot wird abgesagt. Wer heute nicht unbedingt unterwegs sein muss, bleibt zuhause in Schutzraumnähe. Zuhause bleiben heißt aber nicht, sich angstvoll ins Bett zu verkriechen, sondern: Auf geht’s – wir haben auch hier eine Aufgabe.
Das heißt, erstmal anziehen und dann Morgenandacht im Schutzraum. Aus dem Schutzraum im ersten Stock hörten wir schon Kinderstimmen der Nachbarn, die gekommen waren.
Durch unser Singen angezogen, setzte sich eine Nachbarin zu uns und war »einfach mit dabei«. Gemeinsam lasen wir Psalm 46, der tags zuvor das Predigtthema gewesen war und perfekt in unsere Situation passt. »Gott der HERR ist Zuflucht und Stärke … ER beschwichtigt Kriege … ER ist mit uns«. Gewaltige Zusagen, die uns ermutigten, uns auch am heutigen Tag dem anzubefehlen, der alle Fäden in der Hand hält.
Zum Abschluss sangen wir noch ein passendes Lied auf deutsch und englisch, so dass auch unsere Nachbarin den Text ohne Übersetzung verstehen konnte. Sie war sichtlich bewegt. Kurz darauf fuhr sie zur Arbeit. Mögen die gehörten Worte sie begleiten und ihr Kraft geben.
Beim Weg zu den unterschiedlichen Arbeitsbereichen staunten wir nicht schlecht: Kinder aus orthodoxen und säkularen Familien flitzten schon durch den Speisesaal und überschütteten uns mit Fragen. Die Eltern unterhielten sich bei einer Tasse Kaffee.
Die meisten kannten wir schon von früheren Übernachtungen der letzten Monate. Wie gut, dass sie hier bei uns für den Notfall »ihre« Zimmer haben, sich schon auskennen und in der ganzen Ungewissheit doch schnell eine familiäre Atmosphäre entsteht.
Teilweise setzten sie sich zum Frühstück zu uns, bis die vorsichtige Entwarnung kam, »es könnte sich vorerst beruhigt haben«. – Wieder einmal wissen wir nicht, wie sich alles weiterentwickelt. Aber wir wissen, dass der HERR der Heerscharen mit uns ist und sein starker Arm uns festhält.
Grund zum Danken ist neben der erlebten Bewahrung, dass Israel die Bedrohung rechtzeitig erkannt hat und so mittels 100 Flugzeugen über 6000 (!) startbereite Raketen abwehren konnte, die Ziele bis Tel Aviv hätten erreichen sollen.