Seit Beginn des Krieges hat sich hier Manches verändert. Die Zahl der Todesopfer auf israelischer Seite ist auf über 1200 gestiegen, aktuell gibt es über 3000 Verletzte, von denen 219 in Lebensgefahr schweben. Die Witwe des Mannes, der für unsere Gäste hier in Shavei Zion einige Jahre Gitarrenkonzerte durchgeführt hatte, ist die Oma einer jungen Frau, die in den Händen der Hamas ist.
Den Trauernden, Verletzten, Traumatisierten und Entführten sowie deren Angehörigen gilt unser Gebet. Ebenso den Soldaten, die wir persönlich kennen und die ihr Leben jetzt auch für uns aufs Spiel setzen.
Die (angespannte) »Ruhe« der letzten Tage wurde von uns zu letzten Vorbereitungen genutzt: weitere Einkäufe von Lebensmittelkonserven, Batterien, Notleuchten etc. Wir verlagerten unseren Lebensmittelpunkt ins Gästehaus, der Eingangsbereich wurde zum Speisesaal umfunktioniert, um bei Bedarf möglichst schnell die Schutzräume, bzw. den Bunker erreichen zu können.
Dass dies die richtige Entscheidung war, bestätigte sich bisher jeden Abend. Pünktlich zur Abendessenszeit bekamen wir per Messenger-Nachricht die Aufforderung, uns umgehend in den Schutzraum zu begeben – gestern Abend heulten dazu auch die Sirenen. Die angekündigte Gefahr (aus dem Libanon) waren allerdings keine Raketen, sondern Drohnen und das Eindringen von Terroristen.
So mussten die Schutzräume auch von innen verriegelt werden. Wie sich im Nachhinein herausstellte: »nur« Fehlalarme, vermutlich aufgrund eines Cyberangriffs. So konnten wir Gott sei Dank nach ca. einer Stunde wieder den Schutzraum verlassen und mussten uns die Nacht über lediglich in Schutzraum-Nähe aufhalten.
Langsam gewöhnen wir uns auch an die neue Tagesroutine und knüpfen Kontakt zu den mittlerweile fast dreißig Israelis, Nachbarn und Angehörigen einer Trauerfamilie, die ebenfalls Zimmer im Gästehaus bezogen haben und die Schutzräume mit uns teilen. Um der Trauerfamilie die Teilnahme an den Gebeten zu ermöglichen, trifft sich die örtliche Synagogengemeinde zweimal täglich zum Gebet in unserer Sukka (Laubhütte) – so auch gestern während der Alarme. Mit Psalm 121 wurde das Gebet dann im Bunker fortgesetzt …
Es ist sehr bewegend zu sehen, wie Gott uns diese Menschen ins Haus führt und wir so, auf ganz andere Weise als eigentlich geplant, unseren Tröstungsauftrag wahrnehmen können. Sie sind sehr dankbar für die gepflegte Unterkunft, die sauberen Schutzräume, den Garten usw. und die »Ruhe«. Ein Kind berichtet, dass es hier die ganze Nacht ohne Albträume schlafen kann. Für uns ein Zeichen für den Frieden, »der allen Verstand übersteigt«, den unser Herr hier schenkt.
Beschenkt sind wir auch durch die vielen Grüße und Gebete, die uns hier in Israel erreichen, stärken und ermutigen.
Danke für alles Teilhaben. Wir schätzen das sehr, auch wenn wir momentan nicht persönlich auf jede Nachricht reagieren können.
Für die Mitarbeiter von Shavei Zion,
Judith Rentschler