»Ha baijit patuach – Bo’u« – auf Deutsch: »Das Haus ist offen – kommt!« – Während wir beim Mittagessen in der Lobby sitzen – seit 156 Tagen unser Speisesaal in Schutzraumnähe – singen die 35 Kinder im Speisesaal (seit 51 Tagen Kindergarten) dieses Lied. Wir schmunzeln. Tatsächlich: das Haus ist offen und sie kommen.
In den letzten Jahren hat sich der Ort Shavei Zion durch Neubaugebiete und Zuzug neuer Familien stark vergrößert und viele Einwohner hatten nur eine vage Vorstellung davon, was »die Deutschen« dort am Ende der Straße eigentlich machten. Immer wieder kamen deshalb Überlegungen auf, ob – und wenn ja wie – wir einen »Tag der offenen Tür« gestalten sollten. Es war uns immer wichtig, dass dabei nicht wir, sondern Gottes Wirken zum Ausdruck kommen sollte. Statt offener Tür mussten wir unser Haus in der Coronazeit jedoch für öffentliche Veranstaltungen und Gästegruppen schließen. Auch unser jährliches Freundestreffen konnte nicht mehr stattfinden.
Und jetzt? Wir haben doch einen Auftrag an den Menschen hier und müssen die Türen schließen? Völlig unerwartet veränderte unser Herr die Situation: Nicht nur einmal, sondern nun schon 158-mal haben wir »Tage der offenen Tür«. Auch wenn der Grund dafür überhaupt nicht gut ist, gebraucht Gott unsere Häuser, unser Grundstück und uns Mitarbeiter zu Trost und Ermutigung.
Durch den Kindergarten kommen täglich Familien zu uns, die noch nicht lange im Ort wohnen. Mit den Senioren, die wöchentlich in unser Haus kommen, halten wir Kontakt zu alteingesessenen Shavei Zionern, die das Werk schon lange als Freunde begleiten. Über den Regionalchor und Angebote für körperlich beeinträchtigte Menschen lernen uns auch Israelis aus dem ganzen Landkreis kennen und fühlen sich bei uns zuhause. Immer wieder treffen wir so auch Menschen, die seit über fünf Monaten als Evakuierte in Hotels der Umgebung untergebracht sind. Allein in den letzten Tagen hatten wir über 200 Besucher bei uns, die bei Konzerten in unserem Speisesaal für einige Zeit die angstmachende Realität hier an der Nordgrenze vergessen konnten. Das alles sind nur einige wenige Beispiele für die Aktivitäten, die unser Haus mit Leben füllen.
Um unsere Gäste selbst zu Wort kommen zu lassen:
- »Wir hatten gestern einen perfekten Abend. Einen sehr großen Beitrag dazu habt ihr geleistet. Die Großzügigkeit, mit der ihr euer Herz und Haus öffnet, hat mich wieder neu berührt. Vielen Dank für alles.«
- »Vielen Dank für eure Hilfe bei der Organisation des Abends. Es war wunderbar.«
- »Schon beim ersten Besuch wurde uns klar, dass hier der passende Platz für unsere Aktivitäten ist – barrierefrei, mit Zugang zu Schutzräumen, lichtdurchflutet und Ruhe ausstrahlend. Hier fühlen wir uns sicher. Für die Teilnehmer unserer Gruppen verringern die wöchentlichen Treffen körperlich einen weiteren Rückgang ihrer Mobilität und gesellschaftlich das Gefühl der Einsamkeit. Wir sind der Leitung von ›Zedakah‹ zu Dank verpflichtet. Das bedeutet uns sehr viel, vor allem in dieser herausfordernden Zeit.«
- »Wir sind voll Dankbarkeit gegenüber ›Zedakah‹, dass wir unsere Treffen auch in diesen schweren Zeiten durchführen können. Wir schätzen die Großherzigkeit und die strahlenden Gesichter, die uns jede Woche an diesem zauberhaften Platz empfangen.«
- »Im Oktober kannten wir uns noch nicht. Seit November fühlen wir uns hier Zuhause.«
- »Hier ist die Atmosphäre eines Gotteshauses.«
- »Ich habe meine Freunde zum Konzert eingeladen. Nicht wegen des Chors, sondern damit sie diesen Ort kennenlernen.«
- »Euer Glaube macht euch zu gebenden Menschen, die einen Blick für andere haben. Das brauchen wir so sehr.«
Besonders schätzen sie auch die Anwesenheit der jungen Volontäre, die »immer lächeln und fröhlich jede Arbeit machen – im Haus, im Garten, in der Küche«. – Aussagen dieser Art erfüllen uns mit großer Dankbarkeit. Durch die Regelmäßigkeit der Begegnungen können unsere Gäste kommen, beobachten und Fragen stellen. Immer wieder fragen sie nach der Motivation unserer Arbeit, warum wir trotz Krieg geblieben sind, was das Besondere ist, das sie hier spüren, oder auch einfach nur nach einer Umarmung, einem guten Wort. Immer wieder hören wir auch von anfänglicher Skepsis und Hemmschwellen, die einzelne zu überwinden hatten, bevor sie bereit waren, zu uns Deutschen und Christen zu kommen.
Während des Frühstücks heute Morgen erreichte uns die Nachricht, dass 100 Raketen aus dem Libanon abgeschossen wurden, gestern Abend mussten unsere Mitarbeiter aus Maalot wegen Alarms die sicheren Bereiche aufsuchen. Wir sind uns bewusst, dass es große Gnade ist, dass wir trotz der Kriegssituation unsere Häuser öffnen und Gäste bei uns willkommen heißen dürfen. Den Vorhersagen nach steht eine Eskalation im Norden bevor, aber wir vertrauen, dass wir hier auch weiter vor Ort zum Segen sein können, wie das auch immer aussehen mag.
Vielen Dank für alle Gebete und Unterstützung.
Judith Rentschler
Aktuell bitten wir für:
- Bewerbungen neuer Volontäre
- Bewahrung unserer Gäste, Heimbewohner und Mitarbeiter
- Weisheit für alle Entscheidungsträger in Politik und Militär
- Befreiung der Entführten
- Trost, Heilung und Hoffnung