Durchhalten – wenn die Nachrichten (immer noch) nicht besser werden
Aushalten – wenn Sorgen und Sehnsucht übergroß werden
Festhalten – am Gebet
Was ist schwerer? In einer herausfordernden Situation zu leben, oder im Versuch, eine nahestehende Person darin leben zu sehen? Am Tag 26 nach dem Hamas-Angriff – nachfolgend die Stimmen einiger Eltern.
So wie wir Zedakah-Mitarbeiter im (relativ ruhigen) Teil Israels den Alltag der Bevölkerung im Süden des Landes nachzuvollziehen versuchen, geht es den uns nahestehenden Menschen, die sich mittels Nachrichten, Bildern und Telefonaten über die Lage hier bei uns informieren. Oft geht man dabei vom Allerschlimmsten aus. Wie »Alltag im Schatten des Krieges« aussieht – dafür fehlt uns die Vorstellungskraft.
Große Sorgen und Ängste, der Wunsch, die Lieben mal in den Arm nehmen zu können, stehen auf der einen Seite – Rechtfertigungszwänge, wenn Vorwürfe aus der Umgebung kommen, auf der anderen.
Und irgendwo dazwischen gibt’s dann auch noch die auf einmal so unwichtig gewordenen alltäglichen Aufgaben …
Von Herzen sind wir als Zedakah-Mitarbeiter dankbar für unsere Eltern, Geschwister, Angehörigen und Freunde, die uns in dieser herausfordernden Situation in besonderer Weise unterstützen, ermutigen und v. a. im Gebet hinter uns stehen.
Hier kommen einige von ihnen zu Wort:
Alexandra K. (Mutter von Michelle):
Für uns als Eltern war die Entscheidung unsere Tochter trotz der Kriegslage nach Israel reisen zu lassen, nicht so schwierig, da Michelle diese Entscheidung für sich sehr bewusst selbst getroffen hat und wir sie von Gott an diesen Platz gerufen wissen. Auch der letzte Einsatz hatte ja durch die Coronasituation seine eigene Prägung. Natürlich war es vor zwei Wochen eine emotional andere Verabschiedung als beim letzten Mal und die angespannte Situation war auch auf dem Flughafen zu spüren. Gefühlt leben wir gerade in zwei verschiedenen Welten – aber verbunden in Jesus Christus, dem wir all unsere Sorgen und Gedanken im Gebet abgeben können.
Renate und Bernd K. (Eltern von Damaris):
Wer hätte ahnen können, dass Israel, drei Wochen nachdem unsere Tochter nach Israel ausgereist ist, von einem barbarischen Terrorangriff heimgesucht wird. Nun trösten die Volontäre nicht die Holocaustüberlebenden, sondern Nachbarn und evakuierte Familien aus dem Norden. Das ist ein wichtiger Dienst für Gottes Volk. Wir haben mit Damaris über die Sicherheitslage gesprochen und da sie sich von Gott an diesen Platz gestellt weiß, unterstützen wir diese Entscheidung und tragen sie mit. Wir finden es gut, dass sie Gottes Volk in dieser Notsituation nicht verlassen will, sondern ihm beisteht.
Wir denken viel an unsere Tochter, die anderen Volontäre und die Langzeitmitarbeiter von Zedakah und beten für sie. Trotz all der Gedanken, die wir uns machen, sorgen wir uns nicht um Damaris. Wir wissen, dass Zedakah jahrzehntelange Erfahrung in Israel hat und dem Werk die Sicherheit der Volontäre sehr wichtig ist. Vor allem wissen wir, dass Gott alle Geschehnisse in seiner Hand hat und vertrauen darauf, dass ER seine schützende Hand über die Häuser in Maalot und Shavei Zion hält – so wie er es schon viele Jahrzehnte, auch in Krisen, getan hat.
Heike S. (Mutter von Noemi):
Am 7.10. haben wir erst spät Nachrichten gehört. Zuerst waren wir noch nicht beunruhigt, weil Anschläge ja irgendwie schon fast zur Berichterstattung aus Israel gehören. Erst als uns das Ausmaß bewusst wurde, hat uns Angst ergriffen, weil wir nicht wussten, ob es jetzt von allen Seiten losgehen würde.
Wir waren sehr verunsichert, weil wir nicht wussten, über welche Kanäle wir glaubwürdige Informationen bekommen könnten. Das war eine schlimme Zeit.
In den nächsten Tagen schrieb ich jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen an Noemi: Lebst du noch? Ist alles noch in Ordnung? Seid ihr angegriffen worden? Von Nachbarn, Freunden und auch Familienangehörigen haben wir uns angegriffen gefühlt: »Holt ihr eure Noemi nicht heim?« – »Ist die noch dort?«
Auch Kritik an Zedakah wurde laut: »Lassen die die Mädels nicht heimgehen?«
Der transparente Umgang mit der Situation vor Ort und die guten Informationsmöglichkeiten haben uns als Familie sehr gut getan. Von Noemi wussten wir, dass sie die ehrliche Option, ihren Einsatz abzubrechen, bekommen hatte. Sie wurde ermutigt zu beten, wo der richtige Platz für sie sei.
Als Familie haben wir mitgebetet und als sie die Entscheidung zum Bleiben getroffen hat, passte das auch für uns. Wir sind auch irgendwie stolz, dass sie so gerade ihren Weg geht und das mit Jesus macht, wirklich nach Gottes Willen fragt und diesen auch für sich so klar sieht.
Obwohl sich diese Entscheidung immer wieder bestätigt, kann ich als Mutter nicht sagen, dass ich froh bin, dass mein Kind in einem Kriegsgebiet ist. Ich habe Noemi auch ermutigt, auf sich zu achten und sich einzugestehen, wenn Angst oder Panik aufkommt.
Immer wieder kämpfe auch ich mit Angst, weil die Situation noch so ungewiss ist. Ich hoffe, dass nicht noch mehr Fronten entstehen. Es ist weniger die Angst, dass Israels Armee das nicht schafft, sondern mehr die Angst vor den Menschen, die so barbarisch handeln und vor nichts zurückschrecken. Das ist kein Krieg, das ist skrupelloser Terror! Der Gedanke, was passieren könnte, wenn unsere Kinder denen in die Hände fallen, macht Angst.
Noemi erlebt das ganz anders. Sie fühlt sich wohl in der Gemeinschaft und denkt, dass das Erleben der Situation vermutlich in Israel einfacher ist, weil sich hier alle einig sind, der Zusammenhalt ist spürbar und vermittelt Ruhe.
Momentan tut es mir gut, dass wir in Kontakt sind, ich immer wieder was Gutes von ihr höre, auch ganz Alltägliches. Manchmal überlege ich, wie ich sie sonst unterstützen kann und fühle mich dann hilflos daheim …
Wir können von hier aus nicht viel machen – aber wir versuchen, euch durchzubeten und uns hier in Deutschland klar zu Israel zu positionieren.
Friedemann und Katharina W. (Eltern von Rebecca):
Gerade einmal zehn Tage war unsere Tochter in Israel, als dieses grausame Massaker geschah. Nachdem Rebecca seit 2020 schon mehrere Male in Maalot mitgearbeitet hatte, stellte sich ihr die Frage, ob sie aufgrund der Lage zurück nach Deutschland komme, nicht wirklich. Ihr Entschluss stand fest, ihrer Berufung zu folgen und zu bleiben. Darin bestätigten wir unsere Tochter.
Natürlich machen wir uns Sorgen um sie. Bei allen Berichten überkommen uns auch öfters Tränen. Wie geht es unserem geliebten Kind vor Ort? Was macht es mit ihrer jungen Seele, immer wieder diese Schreckensnachrichten aus unmittelbarer Nähe zu erfahren und täglich Militärflugzeuge zu sehen, Raketen, Artilleriefeuer und Kampfhandlungen zu hören? Wie geht es jedem einzelnen im Land?
Wir sind sehr, sehr dankbar für den regelmäßigen Kontakt mit ihr und für die zuverlässigen Informationen von Zedakah über die aktuelle Lage im Land. Das nimmt zermürbende Ungewissheit. Trotz aller Sorgen überwiegt eine tiefe innere Ruhe und wir fühlen uns getragen. Dafür sind wir Gott sehr dankbar.
Wir haben hier in Deutschland zwei Möglichkeiten Israel und die Arbeit von Zedakah zu unterstützen:
- Gebet – zu unserem allmächtigen Gott
- Uns offiziell an die Seite Israels zu stellen. Dafür bietet sich derzeit, so oft wie noch nie, die Chance mit anderen ins Gespräch zu kommen. Dies führt beim Gegenüber zu so manchem Aha-Erlebnis, zum Nachdenken und Umdenken.
Wir sind so oft in Gedanken bei euch in Israel. Wir beten für die Zedakah-Mitarbeiter, für alle, die eure Liebe und Zuwendung erfahren dürfen, für das ganze Volk und Land.
Gott schenke Kraft und Führung, Trost, Bewahrung und Schutz. Er schenke seinen Segen. Schalom aus dem Erzgebirge!