Von Ingrid Bonin aus Maalot
»Zur Veröffentlichung freigegeben« – so beginnt jeder Morgen hier im Land. Dieses Wortpaar, im Hebräischen »hutar lefirsum« lässt jedes Herz im Land für eine Sekunde innehalten, um sich auf den Schlag vorzubereiten, der hinter diesen beiden Worten steht. Denn hinter diesen beiden Worten »zur Veröffentlichung freigegeben« verbirgt sich ein schwerwiegender Vorfall: Es ist nur ein Teil der Nachricht die am Abend zuvor in ein Haus gelangt – zwei Offiziere in Uniform klopfen an die Tür, um das Leben einer ganzen Familie zu verändern. Der zaghafte Blick durch das Guckloch in der Tür, die zitternde Hand an der Türklinke, in der Hoffnung das die zwei sich in der Tür geirrt haben, die Vorbereitung zur Beerdigung, die darauf folgende Trauerwoche – das und noch mehr ist nun »zur Veröffentlichung freigegeben«.
Es gibt viele Familien, bei denen der Tod einige Male an die gleiche Tür geklopft hat. An einem Tag hat Familie Eisenkot ihren Sohn beerdigt, der im Krieg gefallen ist, am nächsten Tag ist der Neffe getötet worden. Das ist kein Einzelfall, ich könnte hier noch weitere Familien aufzählen. Der Tod macht keinen Halt vor prominenten Türen, vor gläubigen und einfachen Bürgern. Das Leben eines so jungen Menschen wurde ganz plötzlich ausgelöscht, alle Träume, Pläne wurden unerfüllt begraben – die Blume ist verblüht, noch bevor sie wirklich aufgegangen ist – so sagt man.
Mich hat ein enger Freund des Pflegeheimes darauf aufmerksam gemacht: »Wenn du in den Garten gehst und Blumen pflücken möchtest, welche Blumen wählst du? Die halb verwelkten oder halb so schönen? Nein, du wirst doch die schönsten Blumen einsammeln, um zum Beispiel deinen Wohnraum damit zu schmücken. Verstehst du?« – Seit dem 7. Oktober wurden mehr als 460 Soldaten beerdigt, über 130 Soldaten sind alleine beim Kampf in Gaza gefallen. Ich habe mir die Mühe gemacht und das Durchschnittsalter berechnet: 22 Jahre. Jeden Tag kommen weitere hinzu – weil sie das Volk schützen. Sie opfern ihr Leben, um den Augapfel Gottes zu verteidigen.
Eines Tages, früh am Morgen hat mich eine andere Veröffentlichung überrascht: »Zur Veröffentlichung freigegeben: Der Messias ist unterwegs!« – Es gibt ein Lied, sozusagen eine Art Glaubensbekenntnis. Diese Worte werden heute sehr, sehr oft gesungen. Auf dem Kriegsfeld vor dem Einsatz, in den Synagogen, in vielen Häusern der trauernden Familien Israels, zum Trost und zur Hoffnung. »Ani ma’amin b’e munah sh’leimah b’viat ha mashiach, veaf al pi sh’yitmameah im kol zeh achakeh lo behol yom sheyavo.« – »Ich glaube mit vollem Glauben an das Kommen des Messias. Und selbst wenn er sich verspätet, werde ich trotzdem jeden Tag auf sein Kommen warten.«
Die Melodie, die als »düstere Melodie« beschrieben wird, wurde während des Holocaust geschrieben. Der Komponist der Melodie ist unbekannt. Der Legende nach wurde Reb Azriel David Fastag jedoch göttlich inspiriert, es in einem Zug nach Treblinka zu singen. Ein anderer Gefangener sprang aus dem Zug und flüchtete, bis er schließlich dem Modzitzer Rebbe, Rabbi Shaul Yedidya Elazar, die Melodie beibrachte. Die ausführliche Geschichte kann man hier nachlesen.
»Zur Veröffentlichung freigegeben: Der Messias ist unterwegs!«