»Ihr Lieben, es ist soweit! Unsere Heimbewohner ziehen heute nach 430 Tagen Bunker aus dem Bunker aus! … Dazu brauchen wir noch freiwillige Helfer! …«
Diese Nachricht schlägt ein! Am Freitagnachmittag wird wahr, wonach wir uns schon seit Monaten sehnen! Nach dem Mittagsschlaf und einer Tasse Kaffee gehen die Bewohner wie gewohnt auf die Etage über dem Bunker, spazieren dort noch ein wenig hinter dem Haus, genießen die Sonnenuntergangsstimmung.
Währenddessen beginnt das »Gewusel«: Die Bitte um freiwillige Helfer bleibt nicht unbeantwortet – das lässt sich schließlich keiner entgehen. Unser ältester Volontär – Hans Bayer – ist einer der Ersten, und auch die Kinder lassen sich nicht lumpen und packen fleißig mit an: Betten, Nachttische, Wäsche, Zahnputzbecher – an alles muss gedacht werden.
Aber wie räumt man eine Station wieder ein mit beinahe ausschließlich Mitarbeitern, die sie gar nicht kennen? Renate, die schon alles hervorragend vorbereitet hat, hat nun alle Hände, Ohren und Augen voll zu tun, um jedem Ding den Platz anzuweisen und alle Fragen verständlich zu beantworten: »Das findest du im Pflegearbeitsraum.« – »Pflegearbeitsraum? Was ist das?« – »Das kommt ins Dienstzimmer.« – »Wo ist das Dienstzimmer?«
Dann der spannendste Moment: Die Aufzugtür öffnet sich, die 11-jährige Ruthi steht mit der Kamera bereit, um die bewundernden Blicke der Heimbewohner einzufangen. Der Salon ist für den Kabalat Schabbat vorbereitet, der Tisch festlich gedeckt, das Ganze bei einer wohnlichen Atmosphäre. Selbst einer der jüngsten Heimbewohner, der am Abend zuvor die Nachricht von unserem bevorstehenden Umzug eher mit einem Anflug von Bedauern aufgenommen hat (er möchte die Vorteile seiner »Einzel-Suite« im Treppenhaus nur ungern aufgeben), findet nun Worte des Lobes: »Da habt ihr aber nicht zu viel versprochen!«
Das Strahlen auf nicht wenigen Gesichtern belohnt alle Mühe und Schweiß der letzten Stunde! Auch die Mitarbeiter freuen sich über den ersten Kabalat Schabbat im »Wohnzimmer« statt im Durchgangsbereich von Ebene 2.
»Baruch ata, Adonai, Elohejnu, Melech haOlam, schehechijanu, wekimanu wehigijanu leSman ha se!« – Diesen hebräischen Segensspruch für ein neues Erleben betet Yosef noch vor dem Kiddusch. »Wir sind aus der Dunkelheit ins Licht gekommen!«
Nach der fröhlichen Mahlzeit machen wir Mitarbeiter uns erstmal auf die Suche nach dem richtigen Zimmer und Bett für unsere Anbefohlenen. Nach getaner Arbeit gibt es noch eine »Führung« von Hanna für alle Stationsmitarbeiter, damit sie sich wenigstens schon ein bisschen in den neuen »vier Wänden« zurechtfinden.
Die beiden neuesten Heimbewohner, die bisher nur die zwei unteren Etagen kennengelernt haben, zeigen die größte Bewunderung für die neue Umgebung. Kommentar bei jedem Toilettengang in der ersten Nacht: »Bin ich ein König, dass ich ein privates WC habe? Wie in einem 5 Sterne Hotel!«
Im Wissen, dass der momentane Hauch von Frieden vielleicht nicht lange anhalten wird, genießen wir jeden Sonnenstrahl, der den neuen Tag ankündigt, jedes Waschbecken, das nur noch für maximal drei Leute ausreichen muss, jedes geordnete Fach im Kleiderschrank, den Rollstulparkplatz direkt neben dem Bett, dass das Frühstück bereits bei Tageslicht eingenommen werden kann – und vieles andere mehr!